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Rückblick: Microsoft Swiss Healthcare Circle 2025

Digitalisierung braucht Vertrauen, Standards und Mut zur Plattform.

Beim diesjährigen Microsoft Swiss Healthcare Circle trafen sich Branchenvertreter:innen, IT-Expert:innen und Entscheider:innen, um über die Digitalisierung im Schweizer Gesundheitswesen zu sprechen. Im Zentrum: Technologien, die Wirkung zeigen – und Menschen, die den Wandel aktiv gestalten. Silvan Tschopp und Yu Li, zwei Branchenexperten im Gesundheitswesen bei ipt, sprechen über ihre Erkenntnisse, Chancen und Herausforderungen aus dem Event. ipt hat mit Mario Bernasconi Galenica as a Service vorgestellt. Weitere ipt-Vertreter:innen waren dabei (im Bild von links nach rechts): Yu Li, Lukas Bieri, Reto Kohlas, Joachim Huber, Mario Bernasconi (Galenica), Noemi Haag, Daniel Albisser und Silvan Tschopp.

Silvan Tschopp (Principal Consultant, ipt) und Yu Li (Associate Partner, ipt) | 20.7.2025

Welche zentralen technologischen Innovationen nehmt ihr aus den Vorträgen des Events mit? Wie lassen sich diese konkret auf die IT in der Gesundheitsbranche anwenden?

Yu Li (YLI)Technologien zur Förderung der Interoperabilität sind von zentraler Bedeutung. Lösungen wie API-Management, Integration-Frameworks, Standards wie FHIR und Cloud-Plattformen wie Azure ermöglichen es Unternehmen wie Compassana und Galenica, Leistungserbringer, Patient:innen und Krankenkassen effektiv miteinander zu vernetzen.

 

Silvan Tschopp (STS): Wenig überraschend war KI das zentrale Thema vieler Vorträge. Besonders beeindruckt hat mich, wie ausgereift einzelne Use Cases bereits sind – und wie deutlich sich ihr Einfluss auf das Business zeigt. Diese zeigen auch, wie man Datenschutz und regulatorische Vorgaben gut umsetzen kann, um die Bedenken zu Sicherheit und Compliance von Grund auf zu dämpfen. 
Spannend fand ich auch, dass der Fokus nicht primär auf dem eingesetzten Large Language Model (LLM) liegt oder darauf, wie stark ein Modell trainiert wurde – sondern auf den branchenspezifischen Kontrollmechanismen, die eingebaut werden. Gerade im Gesundheitswesen, wo man sich keine «Halluzinationen» leisten kann, ist das essentiell.

Welche Herausforderungen und Chancen ergeben sich durch den Einsatz von Cloud- und KI-Technologien im Gesundheitsbereich? Habt ihr interessante Beispiele vom Event?

YLI: Helsana hat eindrücklich gezeigt, wie KI und ChatGPT die Organisation dazu herausforderten, einen nachhaltigen und unternehmensweiten Umgang mit KI zu etablieren. Diese Herausforderung wurde gleichzeitig zur Chance: eine klare KI-Strategie zu entwickeln und sie über alle Bereiche hinweg zu verankern.
Der Einsatz von KI bringt grosse Herausforderungen mit sich – insbesondere, weil die Erwartungen an Präzision und Akzeptanz steigen. Unternehmen wie 44ai können sich in diesem Umfeld differenzieren, indem sie auf massgeschneiderte, reproduzierbare Modelle setzen, bei denen Zuverlässigkeit im Vordergrund steht.
Auch der bestehende Kostendruck im Gesundheitswesen fördert pragmatische, technologiegestützte Ansätze. Das Kantonsspital Aarau hat beispielsweise mit einem einfachen, aber wirkungsvollen Einsatz von Power Apps ein effizientes Bedarfsmanagement umgesetzt – ein gutes Beispiel für smarte Digitalisierung.

 

STS: «Voice-to-Speech» ist für mich ein herausragender Use Case. Eine Ärztin muss sich dabei nicht mehr mit dem mühsamen Eintippen von Berichten aufhalten, sondern investiert nur noch wenige Minuten, um eine automatisch transkribierte Konversation und die daraus generierten strukturierten Daten zu prüfen und ggf. zu ergänzen.
Ein weiterer spannender Anwendungsfall kommt von Helsana, die mittels KI die von Kund:innen eingescannten Belege auf Bildschärfe prüft – und bei Bedarf automatisch zurückweist. Das spart Zeit und verbessert die Datenqualität für alle Beteiligten.
Besonders beeindruckt hat mich auch das Beispiel von Adcubum: Dank Cloud-Infrastruktur soll die Dauer einer Initial-Installation ihrer Plattform von acht Wochen auf nur vier Stunden reduziert werden – ein echter Effizienzgewinn.

Wie verändert sich durch neue Sicherheits- und Datenschutz-Ansätze die IT-Architektur im Gesundheitsbereich?

YLI: 

  • Datenschutz und Sicherheit werden aus meiner Sicht immer wichtiger – und die Herausforderungen in diesem Bereich nehmen stetig zu. Das erfordert ein architektonisch agiles Vorgehen in der IT.
  • Dezentrale und modulare Architekturen gewinnen zunehmend an Bedeutung. Ein Beispiel ist «Domain-Driven Design», das es ermöglicht, Daten schrittweise zu klassifizieren und so eine ausgewogene Balance zwischen Innovation und Datenschutz zu finden.
  • Weitere Ansätze wie Data Mesh und datenprodukte-basierte Architekturen teilen Unternehmensdaten in feingranulare, klar abgegrenzte Bereiche auf – das vereinfacht die Einhaltung regulatorischer Vorgaben erheblich.
  • Allerdings bringt eine dezentrale Architektur auch höhere Komplexität mit sich – was wiederum eine starke Unterstützung durch moderne Plattformen wie die Cloud erforderlich macht.

STS: Für mich war es eine erfrischende Erkenntnis, dass wir Security und Compliance nicht völlig neu erfinden müssen – auch im KI-Zeitalter behalten bestehende Gesetze und Regulierungen ihre Gültigkeit. Was sich jedoch verändert, ist die Art und das Tempo, mit dem Technologie heute mit Daten umgeht.
Klar ist aber auch: Böswillige Akteure profitieren ebenfalls vom technologischen Fortschritt. Es reicht mittlerweile eine kurze Ansage auf einer Sprachmailbox, um ein täuschend echtes Deepfake-Audio zu erstellen – und damit personalisierte Angriffe zu starten. Dieses Beispiel zeigt deutlich, wie wichtig es ist, Prinzipien wie «Security by Design» und «Zero Trust» konsequent umzusetzen – Sicherheit darf nicht dem Zufall oder rein organisatorischen Prozessen überlassen werden.

Welche Best Practices zur Daten-Interoperabilität wurden am Event vorgestellt – und wie kann die Gesundheitsbranche davon profitieren?

YLI: Galenica und Compassana haben eindrucksvoll gezeigt, wie Plattformansätze zur Förderung von Interoperabilität eingesetzt werden können. Galenica betreibt mit Galenica as a Service eine API-Plattform, die es Produzenten und Konsumenten ermöglicht, dezentral und flexibel miteinander zu interagieren.
Compassana präsentierte eine digitale Plattform, die Leistungserbringer aus Bereichen wie Spitälern, Telemedizin, Apotheken sowie IT-Anbieter wie HCI Solutions zusammenbringt – alles eingebettet in eine durchgängige Patient Journey mit integriertem Login- und Consent-Management.

Wie unterstützen die vorgestellten Plattform- und Integrationslösungen eine bessere Betreuung von Patient:innen?

YLI: Ich war besonders beeindruckt davon, wie durchdacht Compassana seine Plattform und das dahinterstehende Ökosystem aufgebaut hat. Die Integration verschiedener Leistungserbringer wurde überzeugend demonstriert – und wie daraus einheitliche, durchgängige Patientenpfade entstehen können.
Auch Galenica zeigte eindrucksvoll, wie über eine digitale Integrationsplattform die verschiedenen digitalen Services der Unternehmensgruppe erfolgreich ins Schweizer Gesundheitsökosystem eingebettet werden können.

STS: Die präsentierte Lösung von Compassana zeigt eindrücklich, wie die Patientenjourney über verschiedene Stationen optimiert wird: vom initialen Termin beim Hausarzt, über den Spitalaufenthalt, den Medikamentenbezug bei der Apotheke bis hin zu Telemedizin und Abrechnung beim Versicherer. Ein Tool, welches offensichtlich Mehrwert bringt für alle involvierten Parteien. 
Es stimmt mich jedoch nachdenklich, dass diese Lösung explizit an ein spezifisches Netzwerk gebunden ist. Als Bürger würde man sich wünschen, eine solche tolle Lösung zu haben mit der gleichen Wahlfreiheit von Ärzten, Spitälern, Versicherungen, etc., wie das heute der Fall ist.

Was sind die wichtigsten drei Take-aways oder spannenden Insights, die ihr gerne teilen möchtet?

STS: 

  1. Das Digitalisierungspotenzial ist enorm – sei es entlang der Patient:innenreise, im Alltag von Ärzt:innen, im Betrieb von Leistungserbringern oder im Abrechnungswesen. Ideen gibt es viele – aber es braucht die gesamte Branche, um echten, flächendeckenden Nutzen und Synergien zu schaffen.
  2. Das Beispiel von 44ai.ch zeigt eindrucksvoll, was mit dem richtigen Mindset und klarem Fokus in kurzer Zeit möglich ist. Das ist eine grosse Inspiration.
  3. Wir stehen nicht am Anfang – viele Puzzleteile sind schon da. Jetzt geht es darum, sie vernetzt und sinnvoll zusammenzubringen.


YLI: 

  1. Interoperabilität ist der Schlüssel zur digitalen Zukunft des Schweizer Gesundheitswesens. Unternehmen wie Galenica, Compassana oder Helsana, die gezielt in diesen Bereich investieren, tun nicht nur Gutes – sie schaffen sich auch einen echten Wettbewerbsvorteil.
  2. Die Rahmenbedingungen bleiben anspruchsvoll: Datenschutz, regulatorische Anforderungen und der Föderalismus stellen grosse Herausforderungen dar. Aber genau darin liegt auch Innovationstreiber Potenzial.
  3. Beispiele wie 44ai zeigen, dass modulare Lösungen, kombiniert mit frühzeitiger Zusammenarbeit mit den Behörden, praxisnahe, anpassungsfähige und marktfähige Antworten auf diese Herausforderungen liefern können.

    Das Gespräch führte Noemi Haag, Marketing ipt.

Über den Swiss Healthcare Circle

Der Swiss Healthcare Circle ist eine von Microsoft organisierte Veranstaltungsreihe, die Entscheidungsträger:innen, IT-Verantwortliche und Branchenexpert:innen aus dem Schweizer Gesundheitswesen zusammenbringt. Ziel ist es, aktuelle technologische Entwicklungen – insbesondere rund um Cloud, Daten, KI und Interoperabilität – gemeinsam zu diskutieren und anwendungsorientierte Lösungen aufzuzeigen.
Der Circle bietet eine Plattform für Inspiration, Austausch und Partnerschaft – mit dem klaren Fokus, die digitale Transformation im Gesundheitswesen aktiv voranzutreiben. Denise Richard, Healthcare Industry Lead Switzerland, organisiert diesen Event mit ihrem Team. Er findet zwei Mal jährlich bei Microsoft statt. (Der nächste Microsoft Swiss Healthcare Circle findet am 4. Dezember 2025 statt).

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Über mich

Als Associate Partner arbeite ich Hand in Hand mit den Kunden und verstehe ihre Herausforderungen im Gesundheitswesen.

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Über mich

Ich bin Principal Consultant bei ipt und leite das Branchenteam Gesundheitswesen. Aktuell leite ich ein Architekturmandat beim BAG zur Erneuerung der Plattform für übertragbare Krankheiten.