Agilität, DevOps und Cloud – Chance oder Albtraum für den Betrieb?

Der Druck auf Betriebsabteilungen steigt – sowohl durch agile Produkte-Teams als auch durch die Cloud Anbieter. Ein Albtraum? Oder vielleicht doch eine Chance?

Autorin: Karin Altorfer

Kurz nach Beginn meines Studiums veröffentlichte die Standish Group den CHAOS Report (2002). Für mich war das eine totale Ernüchterung. Die Hälfte (!) der untersuchten IT Projekte schloss mit Kosten-, Zeitüberschreitungen und/oder reduziertem Funktionsumfang ab. Weitere traurige 15% der Projekte wurden komplett abgebrochen. Konnte man in dieser Branche jemals so etwas wie Berufsstolz empfinden? Was zur Hölle hatte ich mir bloss gedacht, als ich mich für das Informatik Studium entschieden hatte!?! 

Not macht erfinderisch: Iterative Entwicklung statt Wasserfall 

Nachdem das Wasserfall-Vorgehen gescheitert war, fanden agile Methoden ihren Weg in die Software Entwicklung. Das Ziel? Den Lieferumfang während dem Projekt im Sinne des Kunden anpassen zu können. Das Budget in Bezug zum Lieferumfang zu steuern und einzuhalten und vor allem viel schneller funktionierende Software bereitzustellen. Soweit so gut. 

DevOps – Betrieb und Entwicklung spannen zusammen

Bald zeichnete sich aber die nächste Hürde ab. Software muss man schliesslich nicht nur bauen, sondern auch betreiben. Stabil, zuverlässig, robust und sicher. Doch diese Adjektive widerspiegeln die Ziele der Betriebsabteilung, nicht die Ziele der Software Entwickler. Letztere werden primär daran gemessen, wie schnell und gut sie neue Features bauen können. Diese Diskrepanz führte zu einer regelrechten Mauer zwischen Betrieb und Software Entwicklung. DevOps schaffte Abhilfe, indem gemischte Teams aus Software Entwicklern und Betriebsmitarbeitenden gemeinsam Software bauen und betreiben

Infrastructure und Operations unter Druck

DevOps Teams kümmern sich in der Regel nur um den Applikationsbetrieb. Die Betriebsabteilung ist weiterhin für die Basisleistungen wie Netzwerk, Datenbanken, Server, Life Cycle Management, Business Continuity Management etc. verantwortlich. 

Der Betrieb wird heute jedoch vermehrt auch daran gemessen, wie schnell er neue Basisleistungen anbieten und bereitstellen kann. Die Referenz für den Vergleich sind oft Hyperscaler wie Azure oder AWS. Denn was bringt gewonnener Speed dank agiler Software Entwicklung, wenn die Bereitstellung für einen virtuellen Server inkl. Datenbank Wochen oder Monate dauert? 

Es ist wie in einem Albtraum, wo sich zwei Wände aufeinander zubewegen und der Raum immer enger wird. Auf der einen Seite setzen agile Teams, die nach DevOps Prinzipien Software entwickeln und betreiben, die Betriebsabteilungen unter Druck. Auf der anderen Seite erhöht sich der Druck auf den Betrieb durch die Cloud Anbieter. Cloud – 1000 Möglichkeiten – alle nur einen Knopfdruck entfernt! Doch dieser Albtraum ist Realität! 

Betriebsabteilungen müssen sich verändern. Sie müssen Wege finden, wie sie einen vergleichbaren Service wie die Hyperscaler bieten können. Sie müssen definieren, was ihre Value Proposition ist, wenn ihr Unternehmen den Weg in die Public Cloud geht. Sie müssen Wege finden, wie sie schnell liefern können. Standardisiert, automatisiert, auf Knopfdruck. Und selbstverständlich weiterhin stabil, zuverlässig, robust und sicher. 

Denn Betriebsabteilungen haben Kunden. Diese Kunden sind zwar intern, doch interne Kunden können heutzutage auf externe Cloud-Dienste ausweichen, wenn sie mit dem internen Angebot nicht zufrieden sind. 

Was tun?

Wenn Sie den Betrieb leiten... dann brauchen Sie Engineering Skills in Ihrer Abteilung. Rekrutieren Sie Software Entwickler mit einer Affinität zu betrieblichen Themen oder bilden Sie motivierte Betriebsmitarbeiter aus. 

Etablieren Sie den Service Gedanken. Ihre Abteilung sollte Ihren Kunden nicht Technologien, sondern fully-fledged Services anbieten. Bereitgestellt wann immer möglich als Self Service via APIs oder via ein Portal. Voraussetzungen dafür sind natürlich ein hoher Grad an Standardisierung, effiziente Prozesse und vor allem Automatisierung. 

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Abbildung 1: ipt Sicht auf I&O Transformation

Cloud und ihre 1000 Möglichkeiten? Sie sollten das Service-Portfolio der Hyperscaler kennen und entscheiden, welche Services ihrer Firma einen Mehrwert bieten und welche nicht! Bilden Sie ein Cloud Competence Center, setzen Sie Mitarbeiter voll auf Cloud Themen an. Nicht zu 20%, sondern ganz. Nur so kommt der Betrieb in den Driving Seat und kann schliesslich Ihr Unternehmen rund um Cloud Themen beraten und damit die Cloud Strategie aktiv steuern. 

Der Betrieb sollte nicht Befehlsempfänger sein, er sollte viel näher an seine (internen) Kunden heranrücken, die Kundenbedürfnisse aufnehmen, verstehen und die Kunden vollumfänglich bei Infrastruktur- und Betriebsfragen beraten

1000 Möglichkeiten und Geschwindigkeit sind gut, aber Vorsicht, es droht der Wilde Westen! Governance und Security sind im Enterprise Umfeld auch in der Cloud unverzichtbar. Und ich spreche hier nicht von Papiertigern, sondern von built-in, properly engineered Governance und Security Features (DevSecOps). Sie sollten Ihre IT Ressourcen nicht einmal jährlich einem manuellen Audit unterziehen, sondern regelmässig automatisiert prüfen, ob Ihre IT Ressourcen und Plattformen compliant sind (Continuous Compliance)

Fazit

Schaffen Sie Plattformen, auf denen die Produkte-Teams Anwendungen bauen und betreiben können. Plattformen mit built-in Governance und Security, die für alle darauf laufenden Anwendungen out-of-the-box gelten. Über diese Art «Abstraktionsschicht» gegenüber den Basisdiensten des Betriebs schaffen Sie Geschwindigkeit und Standardisierung. Und bitte, machen Sie das Plattform Engineering selbst, wenn Ihre Mitarbeiter die nötigen Skills haben. Ansonsten bilden Sie ein gemischtes Team aus Dev, Sec und Ops. Sorgen Sie dafür, dass Ihre Mitarbeiter im Driving Seat sitzen. Von Anfang an. 

Ihre ipt-Expertin

Ich freue mich auf Ihre Kontaktaufnahme.