Effizient & kundenzentriert: Schadenabwicklung 2.0 im Motorfahrzeuggeschäft

Der Schadenfall und die damit verbundene Abwicklung sind Schlüsselmomente im Versicherungsgeschäft.

Autor: Alexander van der Bourg

Das Zusammenspiel zwischen Kundenbeziehung und Customer Experience ist in diesem Moment entscheidend. Der Kunde möchte während der Abwicklung des Schadenfalls zu jeder Zeit digital mit dem Versicherer interagieren können. 
Anhand eines Use Cases zur voll digitalisierten Schadenabwicklung möchten wir aufzeigen, auf was zu achten ist, um volle Kundenzufriedenheit zu erreichen.

Der Use Case: Schadenabwicklung 2.0


Wir begleiten Herrn Meier in seiner Customer Journey auf einer Geschäftsreise mit seinem Firmenfahrzeug, wo er einen Auffahrunfall erleidet. Es kommt zu einem kleinen Blechschaden ohne Verletzte. 

Im klassischen Fall setzt sich Herr Meier telefonisch mit seiner Versicherung in Verbindung und bekommt ein paar Tage später einen Satz an Formularen ausgehändigt. Diese Formulare gilt es anschliessend auszufüllen und an die Versicherung zurückzusenden. Für Herrn Meier bedeutet dies zusätzlichen Aufwand, da er die Dokumente ausfüllen, ausdrucken, unterschreiben und retournieren muss.

In einer modernen Schadenabwicklung wird der Fall direkt über das Kundenportal erfasst. Die wichtigsten Kundendaten, sowie das Fahrzeugmodell sind dabei schon in der Datenbank hinterlegt und abrufbar. Herr Meier hat somit direkten Zugriff auf seine Police und muss nur die fehlenden Daten des Schadens erfassen. Er selbst bestimmt, wann und wo er sein Anliegen bearbeitet. Dabei wird er jederzeit über den aktuellen Status informiert. Als zusätzlichen Service kann das Kundenportal in Echtzeit einen für Herrn Meier passenden Ersatzwagen oder Taxi reservieren, einen Abschleppdienst aufbieten und Termine für eine Reparatur bei einer Partnergarage veranlassen. Herr Meier hat dabei jederzeit volle Kontrolle darüber, wann und wo er welche Zusatzleistungen beziehen möchte. 

Das soeben beschriebene Beispiel der Online-Schadenabwicklung mit zusätzlichen Serviceleistungen im Vergleich zur klassischen Methode bringt viele wichtige Vorteile mit sich. Einerseits wird die Customer Experience massiv verbessert, andererseits können interne Prozesse, sowie das Versicherungsprodukt, harmonisiert und effizienter gemacht werden.

Aus Sicht der Customer Experience hat das neue Vorgehen folgende Vorteile:

  • Das Frontend / Portal ist für den Kunden jederzeit verfügbar. Der Kunde bestimmt selbst, wann und wo er sein Anliegen bearbeiten möchte.
  • Der Kunde kann die für ihn wichtigen Services nutzen. Dazu gehören beispielsweise Ersatzwagen bestellen oder Reparatur buchen. Seine Bedürfnisse werden ernst genommen.

Für die Effizienzsteigerung von versicherungs-internen Prozessen hat dies folgende positive Auswirkungen:

  • Die Abwicklung des Schadenfalls läuft vollautomatisiert. Kosten werden gespart und Abläufe sind standardisiert. Zudem können Folgeprozesse in Dunkelverarbeitung angestossen werden, unter anderem eine Anpassung der Police. 
  • Durch die Vorerfassung der wichtigsten Daten durch den Kunden wird auf Seiten der Versicherung weniger manueller Aufwand benötigt. Aufgrund der digitalen Kanäle wird das Druck- und Scancenter entlastet.

Für das Versicherungsprodukt hat eine Online-Plattform folgende Vorteile:

  • Es können neue Features / Angebote abhängig vom Marktumfeld eingeführt oder abgelöst werden
  • Durch Harmonisierung der Abwicklung über ein Portal können sowohl der Kunde, als auch der Kundenberater von einer einheitlichen Sicht der Informationen profitieren und erhalten omnichannel Sicht der Kundenbeziehung.

 

Herausforderungen

Die Transformation von einer über Briefkorrespondenz gesteuerten, zu einer digitalen Schadenabwicklung birgt viele Herausforderungen in sich. Sie sind mehrschichtig und unterscheiden sich von Versicherung zu Versicherung. Die Transformation wirft jedoch grundsätzlich folgende Fragen auf:

  1. Welche Schritte müssen durchlaufen werden, um dem Kunden interne Prozesse bereitstellen zu können?
  2. Wie kann man schnell zu einer kundenorientierten Lösung gelangen, die interne Prozesse abstrahiert?
  3. Wie kommunizieren die Umsysteme mit einer Web-Applikation schnell und sicher?
  4. Wie sollen intuitive Abläufe für den Kunden gestaltet werden?
  5. Wie werden “Edge-Cases” im Prozess abgearbeitet?

Lösungsansätze

Ziel ist es, die internen Prozesse zu verstehen, zu harmonisieren und effizient zu digitalisieren, damit sie schnell und einfach dem Kunden und Kundenberatern zur Verfügung gestellt werden können. Dabei sollen alte Mehrspurigkeiten in der Schadensabwicklung durch Omnichannel-Ansätze gelöst und vereinfacht werden. Als nächster Schritt kann die Integration von Zusatzservices umgesetzt werden, um das gewünschte Produktportfolio zu vervollständigen.
 

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Abbildung 1: Vom Konzept zum MVP im Baukastenprinzip

1.    Definition der Applikationsarchitektur und Prozessdesign

Zu Beginn des Projektes ist die Architektur mit allen nötigen Schnittstellen (Front- und Backend, Anbindung an Umsysteme) klar zu definieren. Dabei ist es wichtig zu identifizieren, was benötigt wird, damit die Ziellösung in der Systemarchitektur integriert werden kann. Für unseren Use Case sollen früh die folgenden Fragen beantwortet werden: 

  • Was ist die erwünschte Benutzerführung durch den Prozess?
  • Welche Informationen benötigt die Versicherung, um den Schadensfall abzuarbeiten?
  • Wie modular soll das Tool gebaut werden?

Anschliessend kann mit der Arbeit am Prozessdesign begonnen werden. Es empfiehlt sich dabei die internen und externen Prozesse so kurz und einfach wie möglich zu halten, um dem Kunden ein gutes Look-and-Feel Erlebnis zu ermöglichen. Um dies zu erreichen, sollten die Eingaben durch den Kunden auf ein Minimum reduziert und die Anzahl der Klicks im Happy-Flow minimiert werden. Ein minimierter Prozess kann folgende Schritte beinhalten:  zuerst Kundendaten prüfen, dann Fahrzeugangaben prüfen, abschliessend Gegenpartei erfassen. Ziel ist es, schnell einen Prototypen zu erstellen, mit dem man sich iterativ an die Ziellösung heranarbeiten kann.

2.    Anbindung von Zusatzleistungen im Baukastenprinzip

Sobald der Hauptprozess für die Schadenabwicklung umgesetzt ist, können Zusatzservices integriert werden. In unserem Use Case können dies Services wie die Auswahl eines Ersatzfahrzeuges oder die Terminvereinbarung zur Reparatur mit einer Partnergarage sein. Die Möglichkeiten sind hier vielseitig und sollen den Kundenbedürfnissen voll und ganz angepasst werden. 
Die Prozess- und Systemarchitektur wird dabei so konzipiert, dass im Baukastenprinzip Zusatzmodule den Hauptservice der Schadenabwicklung einfach erweitern können. Somit sind zum Beispiel Zusatzservices wie “Ersatzwagen wählen” und “Reparatur durch Partnergarage” einzelne Bausteine, die individualisiert vom Kunden als Zusatzleistungen bestellt und im Kundenportal freigeschaltet werden können.
Das Baukastenprinzip erlaubt es zudem, die Entwicklung aufzuteilen und für das Hauptmodul ein schnelles Go to Market zu erreichen. Somit sollen früh Entscheidungen getroffen werden, wie potentielle Zusatzmodule in den Prozess integriert werden können. Der Versicherer kann in der Folge schnell auf die Bedürfnisse seiner Kunden eingehen und sein Service Portfolio erweitern oder anpassen.

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Abbildung 2: Hauptservice Schadenabwicklung mit möglichen Zusatzmodulen

Business Value

Die Digitalisierung der Schadenabwicklung und die damit verbundene Anbindung von Zusatzservices erzeugt auf folgenden Ebenen Business Value.
 

Hier geht es zur Erklärung des ipt Value Spiders – Make technology valuable

Customer Value

Die Kundeninteraktion bei der Schadenabwicklung ist ein Schlüsselmoment für das Kundenerlebnis und die Kundenbeziehung. Durch einfache Benutzerführung und kundenzentriertem Mehrwert der Lösung wird die Kundenzufriedenheit massiv gesteigert.

Cost/Efficiency Case

Durch Reduktion der Komplexität und einem Omnichannel Ansatz werden enorm Kosten eingespart und die Effizienz gesteigert. Beispielsweise können mit weniger Beratenden mehr Fälle bearbeitet werden. Durch die Automatisierung werden zudem die Durchlaufzeiten verkürzt.

Strategy Case

Der Motorfahrzeugmarkt ist hart umkämpft. Daher ist es für ein Unternehmen wichtig, schnell auf die Gegebenheiten auf dem Markt reagieren zu können. Durch den hier vorgeschlagenen modularen Ansatz, kann die Konkurrenzfähigkeit sichergestellt werden.

Lessons learned

Die Kundeninteraktion bei der Abwicklung eines Schadenfalls ist ein Schlüsselmoment, der die Wahrnehmung des Versicherers und die Customer Experience entscheidend prägen. Daher ist es essentiell, dass diese Interaktionen schnell, einfach und mit höchster Kundenzufriedenheit mit dem Versicherer stattfinden. Die Digitalisierung und die Exponierung von internen Prozessen, sowie das Anbieten von Zusatzservices kann dabei die Kundeninteraktion massgeblich beeinflussen. Durch den hier beschriebenen Use Case werden interne Prozesse gezielt digitalisiert und für den Kunden exponiert. Der Kunde kann seinen Schaden schnell und einfach abwickeln. Gleichzeitig kann der Kundenberater den Kunden durch eine einheitliche Rundumsicht des Schadenfalls einfacher betreuen - ganz im Sinne der Omnichannel Experience. Das Anbieten von Zusatzservices runden das Kundenerlebnis ab und hinterlassen einen bleibenden Eindruck.

Zusammenfassung

  • Customer Experience, Customer-first und Effizienzsteigerung sind ernst zu nehmende Treiber der Digitalisierung um konkurrenzfähig zu sein.
  • Omnichannel-Lösungen verhelfen zu mehr Effizienz und Kundennähe.
  • Das Bereitstellen von Zusatzservices, verhilft Versicherern vom Payer zum Partner zu werden.

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